Wir sind von Rätseln ohne Ende umgeben; zu einer
Erkenntnis aber habe ich es doch in meinem Leben gebracht, nämlich der, daß
Bias recht hat, daß die meisten schlecht sind, ohne „triuwe“, „triuwenblôz“!
Und auf diese will man heute den Staat gründen, eine organisierte
Fun-Gesellschaft. Bald spielt diese Fun-Gesellschaft wieder „Bundestagswahl“ in
Deutschland, dem Land der Dichter und Denker. Daran ist soviel interessant, daß
die Briefwahl sprunghaft an Popularität gewonnen hat. Um das weitere Absinken
der Wahlbeteiligung zu verhindern, hat man Briefwahl ohne Angabe von Gründen
ermöglicht. Früher zogen die Männer ihre Sonntagskleider an, setzten den Hut
auf und gingen in Person zu einer Wahl wie zu einem Thing. Das verächtliche
Massenstimmvieh schafft es oft nicht mehr aus dem Bett. Es geht auch nur noch
um die „Stimme“; um die Person geht es schon lange nicht mehr. Die Wahl der
Nichtse per Mausklick wäre nur konsequent: ein wirklicher Mensch,
verantwortlich und stolz, wird bestenfalls in jungen Jahren, wenn er noch naiv
ist, an einer Massenveranstaltung teilnehmen. Wohlgemerkt: Ich wende mich nicht
gegen Mensch und Demokratie. Ich wende mich gegen das biologische Verständnis
von Mensch und das logizistische von Demokratie. In dem schönen deutschen Land
in einer Demokratie wahrer Menschen zu leben, wäre ein Traum. Doch Diogenes mit
der Lampe sucht immer noch vergeblich.
Auf dem Kreuz-Weg von (aristokratischer) Kultur zu
(pöbelhafter) Barbarei ist die Verbreiterung des „Wissens“ durch elektronische
Daten eine nicht undeutende Station. Breite statt Tiefe der Erkenntnis und des
Wissens, Verflachung eben des Umgangs mit Welt ist das pöbelgemäße Verhalten,
das sich Fortschritt nennt. Mit der sogenannten Französischen Revolution brach
das letzte Stadium der Menschengeschlechtskrankheit aus, das schließlich im
Wahnsinn durch Paralyse enden wird. Und dann das irrsinnige Politisieren! Ich
habe die überflüssigen Essays eines Joachim Fest über die Brüder Mann gelesen:
Dem Feuilletonisten gelten die Brüder als „unrettbar fremd im Politischen“;
dabei ist er nur ein unrettbar politischer
Schwachkopf, felsenfest von der Beschränktheit der Brüder überzeugt,
dabei onkelhaft wohlwollend wie Safranski oder Yalom gegenüber Nietzsche, wiewohl
sie „danken könnten, mehr doch nicht“.
Einen Deppen, der nichts weiß, glauben zu machen, er wisse
alles, ist die De-facto-Funktion des Internets: es ist das eigentliche Medium
des Pöbels: Das erst ist die Apotheose des Sokrates!