Montag, 16. September 2013

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Der Bildungs-Philister, wie Nietzsche ihn beschrieben hat, will gar keine Kultur, Hoffmann hat ihn ja schon vorgezeichnet in seinem "pomadigen Philister", diesem ekelhaften Repräsentanten des Bildungsbürgertums, und sicher hat Nietzsche viel von jenem Johannes Kreisler nachgelebt, dessen Weg in den "Wahnsinn" auch Thomas Mann im "Doktor Faustus" nachgezeichnet hat. Ich rede von den "Lebensansichten des Katers Murr". "Was habt ihr alle gegen diesen Johannes (...) Wißt ihr's nicht? - Nun, so will ich es euch sagen. [vgl. Nietzsches "Der tolle Mensch"] - Seht, der Kreisler trägt nicht eure Farben, er versteht nicht eure Redensarten, der Stuhl, den ihr ihm hinstellt, damit er Platz nehme unter euch, ist ihm zu klein, zu enge; ihr könnt ihn gar nicht für euresgleichen achten, und das ärgert euch. Er will die Ewigkeit der Verträge, die ihr über die Gestaltung des Lebens geschlossen, nicht anerkennen, ja, er meint, daß ein arger Wahn, von dem ihr befangen, euch gar nicht das eigentliche Leben erschauen lasse und daß die Feierlichkeit, mit der ihr über ein Reich zu herrschen glaubt, das euch unerforschlich, sich gar spaßhaft ausnehme, und das alles nennt ihr Verbitterung. Vor allen Dingen liebt er jenen Scherz, der sich aus der tiefern Anschauung des menschlichen Seins erzeugt und der die schönste Gabe der Natur zu nennen, die sie aus der reinsten Quelle ihres Wesens schöpft. Aber ihr seid vornehme, ernste Leute und wollet nicht scherzen. - Der Geist der wahren Liebe wohnt in ihm, doch vermag dieser ein Herz zu erwärmen, das auf ewig zum Tode erstarret ist, ja in dem niemals der Funke war, den jener Geister zur Flamme aufhaucht? Ihr möget den Kreisler nicht, weil euch das Gefühl des Übergewichts, das ihr ihm einzuräumen gezwungen, unbehaglich ist, weil ihr ihn, der Verkehr treibt mit höheren Dingen als die gerade in euern engen Kreis passen, fürchtet." (E.T.A. Hoffmann, Kater Murr, II.Band)
Auch hier wird, wer will es leugnen, die Rangordnung wiederhergestellt.

Und von Kreisler gilt, was Ambrose Bierce einmal so ausgedrückt hat: "I am no investigator with an ear at the key-hole of  Nature's workshops, trying with vulgar curiosity to steal the secrets of her trade. The interests of science are as little to me as mine seem to have been to science." Zugleich, erteilt er dem ganzen häßlichen Amerikanismus mit dieser Äußerung eine wesentliche Abfuhr, kulminiert dessen ganze Denkungsart doch in Ausbeutung!

So exakt die "Natur"-Wissenschaftler bei ihrem fatalen Anschlag mathematischer Natur sind, so falsch liegen alle anderen Wissenschaften in ihren Einschätzungen, da sie von verrückten Voraussetzungen ausgehen. Die Technik als Anwendung der berechnenden "Natur"-Wissenschaften darf uns ob ihrer erstaunlichen Ergebnisse nicht zuversichtlich gegenüber Wissenschaft überhaupt werden lassen! Im Gegenteil!!

"Lernen ist nicht wissen. Es gibt Gelehrte, und es gibt Weise;  das Gedächtnis schafft die einen, die Philosophie die anderen." Kann man die Philosophie nicht "lernen?" 
"Die Philosophie lernt sich nicht, sie ist die Durchdringung des Wissens, das sich ein Genie angeeignet hat." (Dumas: Der Graf von Monte Christo, Gütersloh 1959, S.101)

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