Dienstag, 5. März 2013

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Doch auch Goethes Urteile befremden mitunter. Was soll man von seiner Hochschätzung von Othos Freitod halten, von welchem Kaiser man sonst als von einem erschlafften und feigen Greise liest? Die Ahasver-Darstellung, andrerseits, hat mich zu einer Ballade inspiriert, in der es das Glück des Schusters ist, nicht zugrunde gehen zu müssen. (Die Ballade findet sich in der Zeitschrift des Nietzsche-Kreises „Osiris Philosophos“ nr. 68 die für 6,00 € beim Haller-Verlag zu bestellen ist.) Die Telephos-Geschichte, ebenso in „Dichtung und Wahrheit“ ausgesprochen, wird mein nächster Balladenstoff sein. Wie verwundete sich die heldische Antike selbst, daß sie „aus sophistischem Sack mit Gier das Erkenntnisgebrock nagte“ (Aristophanes, Die Wolken, 923 f.), bis sie im Rückgriff auf sich selber genesen kann? (-> Rettung der Sophia, 13. Daimon, „Stern von Siegburg“) Wie konnte aus Recht Unrecht (das Sokrates propagiert) werden, das „geschniegelte Laffen“ im Namen des „großen Lümmels“ (Heine) sprechen, wie es Montesquien ersponnen hat? Ich empfehle die Lektüre der Contes cruels von Villiers de L’Isle-Adam: „Vox populi“ atmet die Verachtung des großen Haufens und in „Deux augures“ erfährt man: „il est impossible de devenir une canaille sincère; il faut le don! Il faut…l’onction! C’est de naissance“. Wie aber konnte es der geborenen Canaille gelingen nach oben zu kommen? Wie konnte im tausendjährigen Rom ein Wahnsinn von Religion Fuß fassen und sich durchsetzen? Dies war nur möglich durch die nihilistische Vorarbeit der Platoniker, die die alten Mythen zerstört hatten, und die Gutmütigkeit der Stoiker, die den kleinen Leuten, den Sklaven und Freigelassenen zu viel Raum ließ. Immerhin hat es noch drei Jahrhunderte gedauert, bis Konstantin das Reich zerstörte. Hat er sich bei der Einführung des Christentums überhaupt etwas gedacht?

1 Kommentar:

  1. In der Tat: Goethe ist ein so grosser Dichter im Dichterhimmel, dass er herausragt. Manchmal stößt man sich im Alltag an ihm, so sehr ragt er heraus. Das scheint mir seine vierte Dimension zu sein, von der masterblaster so eloquent zu berichten scheint!

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